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Interview mit Wolfgang Lischke

Durch einen Unfall zum Fußball

Ex-Oberliga-Spieler und jetziger Rotation-Trainer Wolfgang Lischke begann als Handballer

 


Wolfgang Lischke ist seit Saisonbeginn Trainer bei Rotation 1950. Der 61-Jährige hat früher in der DDR-Oberliga gespielt und verfügt mittlerweile auch als Trainer über umfangreiche Erfahrungen.

 


Frage:
Wolfgang, viele erinnern sich noch an Ihren unnachahmlichen Stil als unbequemer Stürmer. Aber kaum ein Fan weiß von Ihrer Ursprungssportart ...
Wolfgang Lischke: Ja, bis zum Alter von 19 Jahren war ich ein ganz guter Handballer bei Chemie Piesteritz.
Und wie sind Sie dann noch so relativ spät beim Fußball gelandet?


Durch einen Sportunfall. Ich habe mir in einem Nachwuchsländerspiel gegen die Tschechoslowakei den Arm kompliziert gebrochen. Nach der Genesung habe ich für Piesteritz in der Bezirksklasse Fußball gespielt. Wenig später, das war 1968, hat mich Trainerlegende Rudi Krause zu Zweitligist Chemie Zeitz geholt. Von dort ging es nach nur drei Monaten zu Stahl Riesa in die DDR-Oberliga. So landete ich innerhalb von einem halben Jahr in der höchsten Fußballliga.


Und dann ging es ja erst richtig los...
Dynamo Dresden holte mich, wo ich sogar DDR-Meister wurde, allerdings auch sehr um einen Stammplatz kämpfen musste. Unter anderem stand mir Eduard Geyer im Weg. Schließlich ging ich zu Chemie Leipzig und gegen Ende meiner Karriere wieder in die DDR-Liga zu Chemie Markkleeberg.


Dann – 1984 – begann Ihre Trainerlaufbahn in ...
... Schkeuditz, dann wieder in Markkleeberg, wo ich Nachfolger von Harro Miller wurde. Es folgten LVB Leipzig, Wolfen, Weißenfels, Markwerben, wieder LVB und zuletzt der Knautkleeberger SC, mit dem ich gleich zweifach aufgestiegen bin. Und, nicht zu vergessen, den Stadtpokal holen konnte.


Welche waren die schönsten Stationen für Sie?
Als Spieler Stahl Riesa und wegen der Zuschauer auch Chemie Leipzig. Als Trainer war der KSC zwar nicht der höchstklassigste, aber auf Grund der mehreren Erfolge die beste Station.


Wie kam es nun zum Wechsel zu Rotation?
Das hatte rein berufliche Gründe. Wenn man mit 61 Jahren nochmal ein Angebot auf dem ersten Arbeitsmarkt bekommt, wie es Rotation gemacht hat, kann und muss man froh sein. Darüber habe ich mich natürlich sehr gefreut.


Ist es eigentlich kompliziert, den eigenen Sohn, wie Ihren jüngeren, Holger (29), in der Mannschaft zu haben?
Na wenn überhaupt, dann eher für ihn. Er hat den Nachteil, dass er auch noch zu Hause kritisiert wird. Aber wir spinnen einen sehr guten Faden miteinander, da geht das.


Nach dem zweiten Spiel, dem 2:0 gegen die SG LVB, ist Ihr Team noch ohne Gegentor und hat vier Punkte. Sind Sie zufrieden mit dem Saisonstart?
Ja, wobei der Erfolg gegen LVB keineswegs leicht gefallen ist. Meine Mannschaft hat gut gekämpft.


Wie sehen Ihre Saisonziele aus?
Da bin ich sehr vorsichtig, schließlich haben den Verein nach der vergangenen Saison mit beispielsweise Wenzel, Warzecha, Karwatzky und Völz einige Stammspieler verlassen. Dadurch, dass André Schober sowie mein Sohn vom Knautkleeberger SC mit mir mitgekommen sind und aus dem sehr guten Rotation-Nachwuchs gleich drei Talente Fuß gefasst haben, können wir das sicher nach und nach kompensieren.


Welche drei Talente meinen Sie?
Sebastian Hansche, der sogar noch A-Junioren spielen könnte und gegen LVB zum 2:0 traf, Markus Pilz und Marcus Ulbricht.


Und wie lautet nun Ihr Saisonziel?
Ein einstelliger Tabellenplatz müsste drin sein. Ich bin vorsichtig, weil sich die Mannschaft noch finden muss. Ich habe das Spielsystem in der Abwehr wieder auf Libero umgestellt, ohne damit meinen Vorgänger Jörg Seydler kritisieren zu wollen. Er hat zweifellos gute Arbeit geleistet. Aber Viererkette kann ich nur unter bestimmten personellen Voraussetzungen spielen. Das System mit Libero scheint mir momentan für uns sinnvoller. Dass wir noch kein Gegentor gefangen haben, spricht jedenfalls für diese Variante.


Wie beurteilen Sie das aktuelle Niveau in der Bezirksliga?
Ich glaube, es ist in letzter Zeit etwas gesunken. Das liegt sicher auch mit daran, dass es zu viele Ebenen, sprich Ligen gibt. Mit der neuen 3. Liga ist ja noch eine hinzugekommen. Das erfordert mittelfristig sicher eine Korrektur. Ich glaube, dass die Oberligen oder die Landesligen irgendwann wegfallen werden.


Sie haben auch schon als Nachwuchstrainer gearbeitet. Macht das noch mehr Spaß als mit Erwachsenen?
Naja, im Nachwuchs war ich früher nur in sogenannten Trainingszentren tätig. Doch als richtiger Nachwuchstrainer wäre ich, so glaube ich, nicht geeignet. Vor allem die Kleinsten sind mir zu leicht abzulenken.


Was sagen Sie als ehemaliger „Chemiker“ zur Neugründung der BSG Chemie, die jetzt in der 3. Kreisklasse, sprich der untersten und damit zwölften Liga, begonnen hat?
Da bin ich geteilter Meinung. Einerseits kann man das aus nostalgischen Gründen gut finden, andererseits glaube ich nicht, dass es viel Sinn macht. Es ist auch eine andere Situation, als bei der Neugründung des 1. FC Lok, weil der VfB, also der Lok-Nachfolger insolvent war. Durch die neue BSG Chemie werden die Kräfte weiter gespalten.


Treffen Sie sich noch mit ehemaligen Mannschaftskameraden?
Ja, zum Stammtisch recht oft beispielsweise mit Bernd Bauchspieß, Manfred Walter, Dieter Scherbarth und Roland Krauß. Aber auch Bernd Trunzer, Lothar Paul oder Joachim Fritsche treffe ich ab und an. Und Frank Baum habe ich ja erst am Sonnabend als Trainer auf der gegnerischen Seite wiedergesehen.

 

Interview: Frank Müller, Leipziger Volkszeitung am 02. September 2008