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Tragische Geschichte vor genau 117 Jahren

Der Leipziger Johannes Skockan starb 1897 in Prag als erster Deutscher an seinen beim Fußball erlittenen inneren Verletzungen

 

Von Frank Müller

 

LEIPZIG. Jedes Jahr sterben in Deutschland Fußballer aller Altersgruppen während eines Spieles oder kurz darauf. Gemessen an der großen Zahl an Partien sind es nicht viele, tragisch ist indes jeder einzelne Fall. Die Ursachen sind unterschiedlich - relativ häufig kommt es zum Herzversagen. Durch Überbelastung oder unerkannte Vorschädigungen kommt es nicht selten zu Infarkten, die trotz sofortiger Hilfe mitunter tödliche Folgen haben.

Der sehr wahrscheinlich erste deutsche Kicker, der sein Leben unmittelbar durch das heute so populäre Spiel ließ, war ein Leipziger. Johannes Skockan vom FC Wacker Leipzig trat am 14. November 1897 als Mitglied der Leipziger Stadtauswahl zu einer Begegnung beim Deutschen Fußball-Club Prag an. Der DFC gewann mit 2:0. In der ersten Halbzeit erlitt der 20-Jährige Skockan einen Tritt in den Bauchraum, weshalb er nach der Pause ins Hotel gebracht wurde.

Die Verletzung wurde zunächst offenbar unterschätzt. Erst am nächsten Vormittag, einem Montag, verlegte man Skockan in ein Prager Krankenhaus, wo er um die Mittagszeit verstarb. Delegationsleiter Otto Büttner und einige Spieler waren noch mit in Prag geblieben. Dieser traurige 15. November jährt sich heute also zum 117. Mal.

 

Vor der Überführung des Sarges wurde im Prager Bahnhof eine Trauerfeier abgehalten. Am 21. November 1897 erschienen in den Leipziger Neuesten Nachrichten und im Leipziger Tageblatt Berichte zur Beerdigung des so jung verstorbenen Fußballers. Demnach waren auch Vertreter vom DFC Prag zu der Trauerfeier gekommen.

 

Nachforschungen von Rainer Hertle, dem ehemaligen Präsidenten des im Sächsischen Fußball-Verband aufgegangenen Leipziger Fußball-Verbandes (LFV), ergaben, dass Skockan zunächst nicht die Erlaubnis seiner Eltern erhalten hatte, mit nach Prag zu reisen - als hätten sie das Unglück geahnt. So fuhr der torgefährliche Linksaußen nicht am Samstagvormittag mit der Mannschaft, erst für den Abend erhielt er die elterliche Zustimmung. Er reiste in der Nacht zum Sonntag allein nach, wollte also sicher unbedingt spielen. Mehr ist über die Umstände des Unglücks nicht bekannt. Erstaunlich aber, dass sein Vater danach Mitglied beim FC Wacker wurde und später gar dessen Vorsitzender.

Johannes Skockan geriet nicht ganz in Vergessenheit. Sein Grab existiert noch heute - ein Wunder nach so langer Zeit. Bei einer Begehung in der Abteilung des Leipziger Südfriedhofs, in der Skockan beerdigt ist, entdeckten Verwaltungsmitarbeiter vor etwa 15 Jahren den Grabstein. Der darauf gravierte Text wies eindeutig auf einen Fußballer hin, weshalb sich die Friedhofsverwaltung an Gerlinde Rohr wandte.

 

Die Direktorin des Leipziger Sportmuseums erkannte schnell die Bedeutung der Grabstätte und veranlasste im Jahr 2000 im Zuge des 100. Geburtstages des Deutschen Fußball-Bundes - der DFB ist bekanntlich in Leipzig gegründet worden - die Restaurierung von Skockans letzter Ruhestätte. Danach schloss Rainer Hertle als LFV-Präsident einen Vertrag mit der Friedhofsverwaltung, um die historische Stätte zu erhalten und den tragisch umgekommenen Fußballer nicht dem Vergessen zu überlassen. Er kommt seitdem gemeinsam mit Gerlinde Rohr jedes Jahr um den 15. November an Johannes Skockans Grab, um des wahrscheinlich ersten Fußball-Toten Deutschlands zu gedenken.